Da war es dann soweit, wir hatten den 12. Oktober 2003 und es sollte losgehen. Vorstellen konnte ich es mir immer noch nicht. Wir waren auf dem Weg nach China. Wir, das heißt die Leute von der Selbstverteidigungsschule „Yoshin Ryu“, aus Oldenburg und Rastede, sowie andere, die wir unterwegs oder in Frankfurt am Flughafen noch trafen. Es war Sonntag und wir hatten uns um 10.00 Uhr am Hauptbahnhof Oldenburg getroffen. Es war schon ein mieses Gefühl als der Zug abfuhr und wir unsere Lieben, die wir zurück ließen, aus den Augen verloren.
Nun ja, wir waren unterwegs und es war so wie bei allen Reisen, die ich in meinem Leben machte - erst mal abwarten, was da so kommt. Die erste Station war Bremen und es gesellten sich mehr oder weniger bekannte Gesichter zu uns. Aber es war ja auf der Fahrt nach Frankfurt genügend Zeit, diese Leute kennen zu lernen. Andreas hatte sogar an „unseren Kräutertee“ gedacht. Dieser wurde dann auch an Ort und Stelle für gut befunden und verspeist. Es war wieder schön mit Freunden auf Tour zu gehen, nur leider fehlte mir meine Maus.
Während der Fahrt wurde viel gelacht und Nobbi machte wieder seine Späße. Auch wurden die Leistungen der Deutschen Bahn gelobt. Hier nicht zu vergessen die Leistungen „unseres“ Nobbis, er rief einfach in das Abteil: „ Die Plätze 71 bis 79 sind reserviert, bitte alle aufstehen, wir danken für Ihr Verständnis“.
Das Chaos war perfekt. Aber so kennen und lieben wir Norbert. So ist er nun einmal und was würden wir ohne Ihn machen.
Aber weiter, in Frankfurt angekommen strumpelten wir wie eine Hammelhorde hinter Nobbi, unseren Leitwolf, her.
Nach und nach traf sich die ganze Gruppe, ein kleines Kennen lernen und ab zum Einschecken. Gepäck aufgeben, ab zum Flieger, Tschüss Deutschland, China wir kommen.
Nun hatten wir einen langen Flug vor uns und ich konnte mir immer noch nicht vorstellen, dass ich auf dem Weg nach China war.
Als der Flug nach gut 12 Stunden zu Ende ging war es soweit, wir waren in Shanghai gelandet. Die ganze Horde ging zum Auschecken und das Gepäck wurde geholt.
Am Flughafen wurden wir von unserem „Yuan“, dem ständigen Reisebegleiter erwartet.
Wir wurden in einen Bus verfrachtet und zum Hotel gefahren. Komisch, ich hatte immer noch nicht das Gefühl, dass ich in China bin. Shanghai ist eine Stadt mit westlichem Einfluss, eben eine dieser Großstädte, die ich schon überall auf der Welt gesehen habe. Vorbei an der Magnetschwebebahn ging es Richtung Stadt und dann endlich zum Hotel. Duschen und schnell in die Koje, eine Mütze voll Schlaf konnte jeder von uns gebrauchen. Kurz geruht, ab in den Bus eine Stadtrundfahrt war angesagt. Der erste Tag endete mit der Besichtigung des Mao Towers und einer Rundfahrt durch Shanghai bei Nacht. Ich kann euch sagen: Es war echt super! Als wir dann wieder im Hotel waren haben wir uns noch einen kleinen Absacker gegönnt und dann war Ruhe angesagt. Am nächsten Morgen sind wir in die Altstadt gegangen, und da war es: Das war das China wie ich es mir vorstellte. Der „Yu Garten“, den wir besichtigten war eine Pracht. Danach sind wir mit ein paar Leuten ins Teehaus und haben gemütlich einen Tee zu uns genommen. Im Anschluss ein kleiner Spaziergang durch die Altstadt, leider war keine Zeit mehr, denn wir mussten zum Bahnhof. Am Nachmittag ging es dann mit der Bahn „auf nach Shaolin“. Es war eine ereignisreiche Fahrt. 14 Stunden „Erste Klasse“! durch China. Natürlich war Party angesagt und Ihr könnt Euch nicht vorstellen, wie viele Leute in einem Viererabteil Platz finden.
Sage und schreibe haben sich 14 Leute unserer Gruppe dort eingefunden.
Alle von uns glaubten, das sei nicht zu toppen, aber es kam noch schlimmer.
Völlig fertig sind wir am nächsten Morgen in Zhengzhou, der Hauptstadt der Provinz Henan, angekommen. Vom Bahnhof ins Restaurant gegenüber und frühstücken.
Jetzt kam es, wir mussten wieder weiter, es lagen noch 2 Stunden Busfahrt vor uns, dann sollten wir endlich Shaolin erreichen. Vorher wurde noch der Taoisten Tempel Zhongyue besichtigt. Es war schon sehr bewegend, vor solch einem Bauwerk zu stehen. Von hier aus hatten wir noch eine halbe Stunde zu fahren und die Aufregung stieg merklich. Wir waren nun bald dort, dort wovon wir zuvor nur gelesen oder gehört hatten, oder worüber wir im Fernsehen Berichte gesehen hatten.
Shaolin - ein magisches Wort für alle die sich mit Budosport beschäftigen.
Unzählig viele Kampfsportschulen säumten rechts und links die Straße. Ein Gewimmel von Schülern in Trainingsanzügen überall wo wir hinschauten. Dann sind wir an der größten Schule vorbei gefahren, man muss sich mal vorstellen, dass hier 15000 Schüler, ja, Ihr habt richtig gelesen „15000“, trainieren. Auch hatten wir die neue Stadt,
„Kung Fu City“, die gebaut wird, gesehen. Es ist einfach alles so groß hier.
Dann waren wir endlich angekommen, wir wurden im Hotel des
Shaolin – Wushu – Trainingszentrum untergebracht.
Nun, der Begriff „Hotel“ ist hier ein wenig fehl am Platz, es gab keine Heizung und warmes Wasser gab es nur von 20.00 bis 22.00 Uhr. Von Sauberkeit ganz zu schweigen. Die Betten waren gut, solange keine vierbeinigen Untermieter mit schlafen wollten.
Aber egal, während meiner Seefahrtzeit habe ich viel, viel Schlimmeres erlebt.
Nun hatte das Reisen einige Tage Pause.
Gleich am ersten Tag sind wir zum Pagodenwald (Friedhof der Äbte) und zum
Shaolin – Kloster. Was da in einem vorgeht ist gar nicht zu beschreiben, ich kann es nicht in Worte fassen. Es sind Gefühle, die man selbst erleben muss.
Der erste Tag war schon aufregend, dann kam die offizielle Eröffnung des Budocamps, im Anschluss hatten wir das vergnügen eine atemberaubende Vorführung der
Shaolin – Meister zu sehen. Welch eine Körperbeherrschung, es war sagenhaft was uns geboten wurde. Einfach toll.
Nun hatten wir mehrere Tage Training und jeder konnte sich aussuchen welche Disziplin er belegen wollte, so teilte sich die die Gruppe während des Trainings auf. Aber auch hier gab es Zeit für diverse Aktivitäten, so haben wir an einem Tag die berühmte Höhle des Bodi Darma erklommen. Auch hatten wir die Möglichkeit den Tempel des Zweiten Abtes zu besuchen. Yuan erklärte uns alles, auch den gesamten, geschichtlichen Hintergrund.
In der Freizeit, die wir neben dem Training hatten, wurde natürlich ständig etwas unternommen. So haben sich einige von uns eine „göttliche Massage“ gegönnt und andere wurden in ein „falsches“ Massagegeschäft geführt, dieses haben sie jedoch fluchtartig verlassen. Nicht zu vergessen, wir haben alle das Schachern gelernt, Einkaufen was das Zeug hält. Und das hat wirklich Spaß gemacht. So gingen dann auch die Tage im Shaolin – Wushu – Trainingszentrum zu ende. Am 22.10.03 hatten wir dann unsere Abschlussfeier. Am anderen Morgen sind wir dann wieder auf Achse gewesen, es ging mit dem Bus nach Luoyang. Das war eine Fahrt kann ich Euch sagen, jeder noch so schlechte Feldweg zu Hause ist besser als fast jede Straße in China. Es war ein Höllenritt. Aber wir sind trotz allem angekommen. In Luoyang wurden die Longmen – Grotten besichtigt. Hier waren über 1300 in Fels geschlagene Höhlen mit ca. 100000 Statuen verschiedenster Größe zu sehen. Es ist doch überwältigend was der Mensch zu Stande bringt. Als ich so davor stand, merkte ich so richtig, wie klein der Mensch doch ist.
Was auch noch unglaublich war, war das, dass sehr viele Chinesen sich mit uns fotografieren lassen wollten, dass haben wir natürlich mit gemacht, war echt lustig.
Und es verfolgte uns während der gesamten Reise.
Am Nachmittag ging es weiter nach Xian. Als wir so durch die Stadt gefahren wurden, hörte ich mit einem mal einen kollektiven Ausruf im Bus: „daaaaa, schaut mal, da ist ja ein Mac Doof“.
Die Hälfte der Gruppe sonderte sich ab, sie wollten Burger essen. Ja, einige unserer Sportkameraden hatten die Nase vom chinesischen Essen voll.
Ein anderer konnte keine Stäbchen mehr sehen, er war froh über jede Gabel die er ergattern konnte. Nach dem Abendessen wurden wir zum Hotel gebracht, dass war echt super, eine Dusche, eine Badewanne und warmes Wasser soviel man wollte.
Hurra, die Zivilisation hatte uns wieder.
Ein eng geschnittener Zeitplan brachte uns dazu am nächsten Morgen früh aufzustehen. Nach dem Frühstück machten wir einen Spaziergang auf der „alten“ Stadtmauer und dann ging es ab zur Terrakotta – Armee.
Über 6000 lebensgroße Krieger in drei Hallen warteten auf uns. Die Größen der Hallen waren gigantisch.
Jeder dieser Krieger sieht anders aus, dass hatte einen großen Eindruck hinterlassen. Unvorstellbar wozu der Mensch doch fähig ist.
Nach der Besichtigung ging es noch kurz über einen Markt und es wurde wieder kräftig geschachert. Leider war die Zeit zu knapp, denn wir mussten weiter zum Bahnhof.
Mit dem Nachtzug nach Peking.
Und wieder „Erster Klasse“ Schlafwagen auch die Party fehlte nicht.
Nur das es dieses Mal 19 Freunde und eine Kiste Bier waren, die sich in das Abteil zwängten. Fragt mich nicht wie die alle darein gekommen sind, aber irgendwie ging es und es machte echt viel Spaß.
Am anderen Morgen sind wir mit Verspätung in Peking angekommen.
Hier hatte wir noch zwei Tage, unsere Reise ging langsam zu ende. Am ersten Tag haben wir den Seelenweg und die Große Mauer besichtigt. Die Mauer, ein Bollwerk gegen damalige Feinde aus dem Westen, war schon beeindruckend. Natürlich hatten wir es nicht versäumt auf Ihr zu „wandeln“.
Danach haben wir uns am Fuße der Mauer zum Kaffee eingefunden, ein Hauch von Urlaub kam in uns auf. Auch war es ein Kaffe, der endlich einmal schmeckte.
Am Abend sind wir, nach dem Abendbrot, noch zum Tiananmen – Platz, den größten Platz der Welt, gegangen. Ich kann die Größe gar nicht beschreiben, meine Worte reichen dazu nicht aus, nur soviel, es ist unvorstellbar.
Der folgende Sonntag war zur freien Verfügung, jeder konnte Bejing (Peking) auf eigener Faust erkunden und das wurde natürlich angenommen.
Ein riesig großer Antiquitätenmarkt war nur fünf Minuten von unserem Hotel entfernt, dort wurde noch ein wenig eingekauft und dann ging es in die Innenstadt.
Schauen und Staunen, die Stadt ist so groß und vielfältig, eine Metropole, der man ansieht, dass der Westen nicht weit weg ist.
Bekannte Firmen die sich hier etabliert haben, waren an der Tagesordnung.
Es ist schade, dass der Westen so auf dem Vormarsch ist. Am Abend saßen wir noch mit ein paar Freunden in der Hotelbar und hatten über die vergangenen Tage gesprochen. Aber das dauerte nicht lange, denn es ging früh weiter. Wir hatten noch die Verbotene Stadt auf dem Zettel bevor wir zum Flughafen mussten. Die Verbotene Stadt, ein Palastgelände mit 9999 Räumen, mitten in Peking. Durchlaufen und genießen, dann war keine Zeit mehr, der Flug ging eine Stunde früher als geplant. Die Freude auf zu Hause war groß und die Gedanken an die Daheim gebliebenen wurden stärker. Ja, wenn diese langen Flüge nicht wären, könnte man diese Art der Reise öfters machen.
Und wieder gute 11 Stunden fliegen, dann hatten wir deutschen Boden unter den Füßen. Am Flughafen kam das große Abschied nehmen.
Die Bremer, Auricher, Hannoveraner und Oldenburger machten sich auf dem Weg zum Hauptbahnhof, nur mussten wir zuvor noch das Gepäck einsammeln und durch den Zoll.
Das verlief „Gott sei Dank“ ohne Probleme.
Da wir in China gelernt hatten, dass man in Züge unwahrscheinlich gut Feiern kann, hatten wir das auch gleich beibehalten. Während der Fahrt nach Oldenburg wurde unsere Gruppe immer kleiner und wir freuten uns immer mehr auf zu Hause.
Als wir dann in Oldenburg ankamen, es versteht sich von selbst das wir chinesisch Gekleidet waren, waren wir froh unsere Lieben wieder zu sehen. Endlich zu Hause, was war ich froh, dass ich meine Maus in die Arme nehmen konnte.
Diese soll nur ein kleiner Einblick der Reise sein, ich habe vieles unterm Tisch fallen lassen, weil das nur etwas für Eingeweihte ist.
Zu guter letzt möchte ich alle grüßen die, dieses Erlebnis mit mir Teilen konnten.
Es war eine tolle Reise und ich danke Olaf und Norbert, die wieder alles sauber hin bekommen haben. Autor: Frank Grabbe (der Seemann)